In Ausgabe 2 führte Paul ein wunderbares Interview mit Gianni Grippo. Anlässlich seines raktengleichen Abgehens im Grappling Turnierzirkus, hier noch einmal das Interview in voller Länge. Für alle die Ihn nicht kennen, hier noch einmal die kurze Einleitung: Gianni Grippo ist 21 Jahre alt und lebt in New Jersey, USA. Er trainiert BJJ seit 12 Jahren und trainert aktuell unter Marcelo Garcia in New York. Er ist Braungurt sowie 5-facher BJJ Worldchampion, 7-facher Panamerican Champion und 2-facher New York Open Champion.
Hi Gianni, diesen Sommer warst Du beim BJJ Globetrotter Sommercamp und hast viele Trainings Sessions gehalten. Was blieb dir am meisten in Erinnerung und was hast du aus der Erfahrung gelernt?
Mann, es war so eine großartige Erfahrung für mich beim BJJ Globetrottercamp zu unterrichten, da ist es sehr schwer eine Einzelne zu nennen, die mir am meisten in Erinnerung blieb! Für mich sind meine Trainingseinheiten und das viele Unterrichten die schönste Erfahrung. Ich habe es wirklich genossen Leuten zu helfen ihr Jiu-Jitsu zu verbessern und zu sehen, wie sie dem Sport gegenübertreten und an ihr Training herangehen.
Ich liebe es wirklich Leuten zu helfen wann immer ich kann. Was ich daraus gelernt habe ist, dass der Sport in den letzten Jahren wirklich gewachsen ist! Ich erinnere mich an eine Zeit als BJJ in den USA sehr unbekannt und unbeliebt war. Jetzt kann ich praktisch überall in die Welt reisen und bin in der Lage in fast jedem Land zu unterrichten und gute Leute zu finden, mit denen ich trainieren kann! Das Jiu-Jitsu Level in Europa steigt deutlich, was ich nicht nur daran gesehen habe wie sachkundig die Schüler waren, sondern auch wie talentiert im Training.
Zur Zeit studierst du während du gleichzeitig eine professionelle BJJ Karriere verfolgst. Wie schaffst du es alle Aspekte deines Lebens zu berücksichtigen ohne zu sehr in eine Richtung zu driften?
Ich war immer in der Lage genug zu trainieren während ich in die Schule ging, weil ich immer einen gut organisierten Plan eingehalten habe und immer wusste was ich mit meinem Tag anfange. Würde ich mich nicht einen festgelegten Plan halten, wäre ich nicht in der Lage meine Zeit auf der Matte zu maximieren. Ohne eine gute Organisation würde beides, mein Training und mein Studium, darunter leiden. Vor jedem Semester an der Uni schreibe ich einen Plan wann ich meine Klassen habe und wann ich trainieren werde und sorge dafür, dass ich mich an den Plan halte.
Wie strukturierst du dein Training? Wie viel wählst du selber aus und wieweit wirst du in deinem Trainingsplan von deiner Akademie beeinflusst?
Jetzt wo ich in der Marcelo Garcia Akademie trainiere, findet mein Training zu den Zeiten von Marcelos Trainingssessions statt. Meine Trainingssessions werden immer von meiner Akademie und meinem Trainer strukturiert, aber den Rest meines Trainings baue ich selbst auf.
Ich setze meine eigenen Drillingsessions vor und nach jeder Trainingssession an und ich mache mein Kraft- und Ausdauertraining früh morgens vor meiner ersten Trainingssession des Tages.
Jeden Tag weiß ich um welche Uhrzeit ich drille und trainiere, mit wem ich drille und welche Positionen ich an diesem konkreten Tag drille. Ohne organisiert zu sein ist es unmöglich so viel wie möglich aus dem Training rauszuholen.
Du sagst du trainierst bis zu dreimal am Tag. Wie sieht ein normaler Trainingstag aus?
Es scheint unmöglich jede Session 100% zu geben, also wie unterscheidet sich die Intensität des Trainings zwischen den Sessions? Was sind deine Geheimnisse für Erholung? Wie ändert sich das Training direkt vor einem Wettkampf?
Es ist unmöglich jedes Mal zu 100% zu geben, also musst du wissen wie du deinen Körper einschätzen kannst und es ist wichtig zu wissen wann du es leichter angehen musst. Überleg dir Folgendes, wenn du dauerhaft jede einzelne Session hart trainierst an jedem einzelnen Tag, wird dein Körper anfangen zusammenzubrechen sobald du müde wirst.
Wenn du müde wirst, wird deine Leistung im Training schlechter und schlechter. Wenn du dann weiterhin eine schwache Leistung im Training ablieferst, aufgrund deiner Müdigkeit, wirst du anfangen schlechte Angewohnheiten zu entwickeln und diese schlechten Angewohnheiten übertragen sich die Wettkämpfe und sorgen letztendlich für Probleme.
Damit ich mich nicht zu sehr fertig machen, ziehe ich es vor viel zu drillen. Wenn ich müde bin, darf ich an dem Tag nicht trainieren, aber ich denke immer, dass es wichtig ist weiterhin an Techniken zu arbeiten und dein Game zu verfeinern.
Niemand hat jemals gesagt, dass der einzige Weg sich zu verbessern darin liegt sich jeden Tag fertig zu machen. Der Sport verlangt auch den Gebrauch des Verstandes und Techniken üben oder Videos studieren ist ebenfalls ein Teil des Trainings und wird dir auf lange Sicht helfen sich zu verbessern.
Mein Training vor Wettkämpfen verändert sich wirklich nie, bis auf die letzte Woche direkt davor wenn ich anfange mich mehr auszuruhen. Die Vorbereitung für große Turniere unterscheidet sich nicht von meinem normalen Training; ich arbeite unaufhörlich hart und halte mich an meinen Plan. Der einzige Unterschied wenn ich in der Vorbereitung für Wettkämpfe bin ist, dass meine geistige Haltung sich ändert und ich anfange meinen Schwerpunkt auf bestimmte Techniken zu legen, die ich in den Wettkämpfen benutzen will.
Wie gehst du mit Verletzungen und daraus resultierenden erzwungenen Auszeiten um?
Im Umgang mit Verletzungen versuche ich immer einen Weg drum herum zu finden, sodass ich auf der Matte bleiben kann. Ich bin vielleicht nicht in der Lage zu trainieren, aber alles was zählt ist, dass ich fortfahren kann zu drillen.
Wenn es eine ernsthafte Verletzung ist, die mich daran hindert die Matte zu betreten, werde ich immer Videos von Techniken oder Kämpfen studieren -wie vorher erwähnt- der Sport ist nicht nur ein physisches Spiel sondern auch ein psychisches.
Ist ein Tag ohne Training ein verschwendeter Tag?
Früher glaubte ich an die Theorie, dass ein Tag ohne Training ein verschwendeter Tag ist, aber jetzt zweifle ich daran.
Pausen sind ein Teil der Vorbereitung und dies hat auf lange Sicht eine positive Seite. Aber an diesen Ruhetagen werde ich immer einige Videos studieren und versuchen mir verschiedene Techniken anzueignen, an denen ich arbeiten kann. Also, nein, ich denke nicht, dass ein Tag ohne Training ein verlorener Tag ist, aber ich versuche immer etwas produktives an solchen Ruhetagen zu machen.
Du trainierst schon lange mit vielen verschiedenen Trainer. Was waren rückblickend die größten Fehler und Mythen die du im BJJ Training gesehen hast? Was sind die größten Zeitverschwendungen?
Die größten Fehler, die Leute im Training machen sind, die “Schlüssel zum Erfolg”, hartes Training über die ganze Zeit.
Ich sehe viele junge Sportler nur trainieren, trainieren, trainieren und am Anfang ist es großartig, aber der Körper fängt nach einiger Zeit an zu zerbrechen.
Sobald sie dann ihren ersten Kampf verlieren sagen sie “Ich muss härter trainieren”, aber eigentlich sollten sie sich darauf konzentrieren klüger zu trainieren. Wie schon vorher erwähnt, ist nicht alles ein physisches Spiel, sondern auch psychisches. Techniken zu drillen strengen deinen Körper nicht so stark an, dennoch ist es genauso ergiebig.
Ich rate nicht von hartem Training ab, da es unentbehrlich für Fortschritt ist, aber es kann nicht als die einzige Form für Verbesserung gesehen werden.
Welcher Trainer hat dich am meisten beeinflusst?
Der Trainer, der mich am meisten in meiner Zeit seit ich trainiere beeinflusst hat, ist definitiv John Danaher. Er ist ein Mann, der immer nach Verbesserung strebt, egal wie viel er bereits weiß. Er ist ein lebendes Beispiel dafür, dass du nie alles wissen kannst, dass da immer mehr ist woran man arbeiten kann. Von ihm habe ich gelernt, dass ich mich niemals mit den Fähigkeiten abfinden darf die ich bereits besitze und immer versuchen muss mein Wissen über den Sport zu erweitern und so vielseitig wie nur möglich zu werden. Es ist nie “genug” , egal wie gut du bist, da ist immer noch eine Menge mehr zu lernen.
Wo siehst du dich in 10 Jahren?
In 10 Jahren hoffe ich, dass ich all die Ziele erreicht habe die ich mir gesetzt habe, in Wettkämpfen und außerhalb. Ich wünsche mir einen Weltmeistertitel (wenn nicht auch mehrere) als Schwarzgurt und einen Titel bei ADCC.
Ebenso sehe ich mich mit einer eigenen Schule, irgendwo in der Nähe meiner Heimat in New York oder New Jersey, um den Sport, den ich liebe, jeden einzelnen Tag der nächsten Generation, die gierig darauf ist ihren eigenen Träumen hinterherzurennen, zu unterrichten.
Vielen Dank für deine Zeit und viel Glück für deine Zukunftspläne.
5 Quickshots:
Beste(s) BJJ-Anleitungs-DVD/Buch?
Gianni Grippo`s „De La Riva“-DVD, erwartetes Erscheinungsdatum Ende dieses Jahres oder Anfang des nächsten, von meinem Sponsor Digitsu! Hahaha
Bester BJJ Kämpfer aller Zeiten?
Roger Gracie
Wenn du eine Sache in deiner BJJ-Vergangenheit ändern könntest, was wäre es?
Ehrlich, nichts. Jeder Sieg oder jede Niederlage war eine gute Lektion, die mich zu dem Wettkämpfer und der Person gemacht hat, die ich heute bin.
Dein Vorbild als du 14 Jahre alt warst?
Mein Vater- Frank Grippo, der heute immer noch mein Vorbild ist.
Mr. Miyagi oder Cobra Kai?
Hahaha natürlich Mr. Miyagi!