„Ich genieße das Leben einfach zu gerne“, Interview mit Gökhan Aydin über seinen USA BJJ Trip und das Jahr 2014

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Die Ausbeute eines erfolgreichen USA Trips J für Gökhan Aydin

Sieben mal gewann Gökhan Aydin im Jahr 2014 Edelmetall bei IBJJF Turnieren auf der ganzen Welt. Darunter auch bei den Europeans, den Worlds und den Pan Ams. Ein Großteil der Medaillen gewann er in knapp einem Monat und bereiste dafür die USA und kurz darauf Großbritannien. Wer ihm bei Facebook folgt ist sicher gut informiert über die Ereignisse im letzten Jahr. Wir wollten dennoch mehr wissen und haben ihn zu seinem USA Trip sowie seinen Anfängen im Kampfsport befragt. Viel Spaß mit dem Interview und danke an Gökhan für das Beantworten unserer Fragen.

Hallo Gökhan. Bevor wir loslegen stell dich bitte mal all unseren Lesern vor die noch nichts von dir gehört haben.

Gökhan Aydin, Headinstructor der European Krav Maga Organization, Veranstalter von No Compromises Fighting Championship, der Deutschen Amateur MMA Meisterschaften, den Norddeutschen Meisterschaften BJJ und des Iron Warrior. Seit Sommer letzten Jahres bin ich Purplebelt, wohne seit kurzem in Hamburg und starte zukünftig für die Groundfighters Hamburg unter Samuel Sanvicente.

Aktuell räumst du ja im Nogi BJJ ordentlich ab, wie bist du zum Grappling gekommen und wo hast du dich (sportlich gesehen) davor rumgetrieben?

Puuuhhhh, also angefangen habe ich mit 5 Jahren im Shotokan Karate, danach Taekwondo, Kick- und Thaiboxen, Ju Jutsu, Judo, Wing Tsun, Krav Maga, BJJ, Luta Livre und neuerdings auch Sambo. Zum Grappling bin ich damals über ein Bundesseminar in meiner Vorbereitung zum ersten oder zweiten Dan beim Ju Jutsu gekommen. Joe Thumfart hat dabei Leg Locks aus dem BJJ und Luta Livre gezeigt. Das hat mir soviel Spass gemacht! Da ging es genau dort weiter, wo es beim Judo in den Wettkämpfen aufhörte und worauf ich richtig Bock hatte. Also Zuhause gleich an den Rechner gesetzt, gesucht, telefoniert und kurze Zeit später habe ich dann beim Andreas „Andyconda“ Schmidt in Köln an der Basic-Seminarreihe im Luta Livre teilgenommen und bei Gracie Barra Caveirinha in Hamburg mit BJJ an gefangen. Wenige Monate später ging es dann auch für 5 Wochen nach Brasilien zur Carlson Gracie Academy. Und nach wie vor habe ich unheimlich Lust auf den Bodenkampf.

Jeder der dich kennt, oder zumindest mal auf Google gestalked hat, weiß, dass du nicht nur als Kämpfer aktiv im Kampfsport bist. Bei was für Projekten hast du mitgewirkt und auf was können wir uns in 2015 freuen?

Oh, das ist einiges. Eingangs habe ich ja schon einpaar Sachen aufgezählt. Dieses Jahr stehen auf jedenfalls schon mal fest.

  • Zum achten Mal die Norddeutschen Meisterschaften im BJJ in Hamburg (07./08. Februar)
  • Kimono Wars im Mai, was wir zum ersten Mal veranstalten. Ein BJJ-Turnier im Gi, welches nach den IBJJF-Regeln und Klassen gekämpft wird. Allerdings geht es in den ersten 10 Minuten um die Submission. Keine Punkte! So können die Kämpferinnen und Kämpfer sich, ohne zu taktieren und ein Punktspiel zu betreiben, voll und ganz auf die Finalisierung ihres Gegners konzentrieren. Erfolgt keine Submission, gibt es einen Break von 60 Sekunden und danach wird bis zum Golden Point gekämpft. Die Finalkämpfe werden 20 Minuten dauern.
  • Iron Warrior im Herbst. Ein NoGi-Submission-Only-Turnier. Keine Punkte, keine Zeit!
  • Die Krav Maga Basic-Seminarreihe und Instructorausbildung der EKMO in Hamburg
  • In der Planung sind noch die nächsten Deutschen Amateur MMA Meisterschaften in Erfurt und die Norddeutschen Meisterschaften im Sambo in Hamburg sowie die eine oder andere Hausgala im Hammer Gym in Hamburg.. Mal schauen, was da noch so kommt und passiert.
Nogi World Championchips

Wettkampftechnisch sah es dieses Jahr ja super für dich aus. Der 2te Platz bei den London Open, 1ster bei der IDM, 2x Gold bei den Pan Ams und Gold & Bronze bei den Nogi Worlds. Und all das in nur etwas mehr als einem Monat. Wie hast du die Zeit wahrgenommen und wie zufrieden bist du mit deinen Leistungen?

Hinzu kommt noch Gold und Silber bei den European NoGi Championships und Gold bei der Rome Open im Gi sowie der dritte Platz bei der Internationalen Deutschen Sambo-Meisterschaft, auch bekannt als Germaniade.
Ich hatte mir als Vorsatz für das Jahr 2014 die Starts bei den Euros, den Pan Ams und den Worlds im NoGi vorgenommen. Schlussendlich ist es besser gelaufen, als ich je gedacht hätte. Dafür bin ich dem Herrn und allen, die mir dabei geholfen haben, unendlich dankbar. Ich hatte mächtig viel Spass, bin größtenteils heil geblieben und habe viel gelernt.
Dieser intensive Zeitraum, den Du beschrieben hast, hat tatsächlich gut geschlaucht und am Ende war ich „auf“. Deshalb habe ich auch einpaar Wochen Pause gemacht, meine Wehwehchen kuriert und mich auf andere Sachen konzentriert. Über meine Siege habe ich mich sehr gefreut, ganz klar. Insbesondere bei den großen drei IBJJF-Veranstaltungen. Da ich sehr ehrgeizig bin, habe ich mich auch hier über den einen oder anderen Fehler geärgert. Aber am meisten habe ich durch meine Niederlagen gelernt. Etwa in der Open Class bei den Rome Open, bei dem ich im Kampf vor den Treppchen-Plätzen meinen 40kg schwereren Gegner zu Boden gebracht, seine Guard passiert und mir die Backmount geholt habe. Da führe ich nach Punkten und statt zuerst die Position zu sichern, verliere ich einen Hook bei dem Versuch, ihn zu submitten…
Tja, daraufhin wurde ich von ihm submitted und das wurmt mich noch heute. Den ersten Platz hat er sich dann auch geholt. Na ja, dafür passiert mir das wohl nicht mehr.
Was ich aber auch sehr schön fand, war der Zuspruch von diversen anderen Sportlern aus der Szene. Egal, ob es die Glücks- und Erfolgswünsche vor oder nach den Kämpfen waren oder Telefonate und Chats via Facebook und WhatsApp, um mich aufzubauen und zu motivieren. Ich war ja nun doch ziemlich nervös. Und zum Teil von Leuten, mit denen ich nicht wirklich eng befreundet bin, sondern nur von Turnieren oder Seminaren kenne.
Sport verbindet so ungemein und das fand ich wirklich sehr schön!

Nach deinen Wettkämpfen sieht man die Medaillen bei dir auf Facebook meist neben kulinarischen Leckerbissen, Kalorienbomben oder feinen Zigarren. Erkennen wir Hobby Sherlocks da ein Muster oder ist das alles nur Zufall?
Ich genieße das Leben einfach zu gerne. Man lebt nur einmal und da sollte man auch Spass haben. In den Tagen vor den Kämpfen habe ich gerne meine Ruhe und versuche mich, nur darauf fokussieren. Verbunden mit der nötigen Diät bin ich dann auch entsprechend schlecht gelaunt und nervös bis kurz vor den Kämpfen. Nach einem Turnier gönne ich mir deshalb gerne etwas Gutes. Und da ich auf Food Porn stehe, kommt immer als Abschluss ein Post-Competition-Essen samt Medaille auf den Tisch.

Gökhan Steak
Food Porn + Nogi IDM Medaille

 

Für die Pan Ams und die Worlds hat es dich ja nach Amerika verschlagen. Wie kam es zu der Entscheidung den langen Weg auf dich zu nehmen und wo warst du alles unterwegs?

Wie gesagt, die Entscheidung ist schon 2013 gefallen, an diesen Turnieren teilzunehmen. Ich hatte bereits 2011 bei den Euros in Lissabon im Gi gekämpft und eine Silbermedaille in der Open Class der Bluebelts mit nach Deutschland gebracht. Und ich wollte gerne bei den anderen großen Turnieren ebenfalls ran.
Im Finale der Open Class bei den Euros hat Ezekiel meinen Kampf geschiedst. Ich hab dann kurz vor Ende per Submission verloren. Ezekiel meinte dann, dass es ein schöner Kampf gewesen sei und ich mir keinen Kopf machen solle. Immerhin sei mein Gegner amtierender Weltmeister in unserer Klasse. Er hat mir dann auch empfohlen, bei den Worlds anzutreten und somit stand der Entschluss dann endgültig fest.
Und genauso ist auch die weitere Wettkampfplanung. Da gibt es noch einige Turniere, bei denen ich gerne an den Start gehen will.
Gerade die Pan Ams und die Worlds waren ein ganz schöner Ritt. In einem Abstand von nur einer Woche auf den beiden Turnieren zu kämpfen, die ganze Fliegerei. Ich bin eine Woche vor den Pan Ams nach New York geflogen, um mich zu akklimatisieren.
Direkt in der Nähe von meinem Hotel war ein Renzo Gracie Gym (New Jersey) und die haben mich da total herzlich aufgenommen und die Trainingseinheiten, an denen ich teilgenommen habe, auf mich zugeschnitten. Die fanden das cool, dass ein „Crazy German“ den weiten Weg für 2 Turniere auf sich nimmt.
2 Tage nach den Kämpfen ging es dann zu meinem Freund Daniel Schoenbrod nach Fresno, wo ich einige Tage entspannen durfte. (Herzlichen Dank nochmal für die ganze Betreuung Daniel!) Anschließend sind wir am Vortag der Kämpfe nach Los Angeles gefahren. So hatte ich nicht diesen direkten Zeitunterschied zwischen Deutschland und Los Angeles, sondern zuerst New Yorker Zeitzone, dann Fresno und schlussendlich die Zeitzone von Los Angeles. So hat mich der Jetlag nicht so hart erwischt und ich konnte ausgeruht in die Kämpfe.
Die Begegnungen bei den Pan Ams waren zwar anstrengend, aber zum Glück ohne jegliche Verletzung. Somit konnte ich nach einigen Tagen Ruhe auch gut in die Worlds in L.A. starten.
Alles in allem war es eine sehr schöne Erfahrung. Auch, die ganzen großen Namen des Sports zu sehen. Leider war der Trip viel zu kurz. Aber Amerika wird mich wiedersehen!

Nach der IDM ging es für dich ja wieder direkt weiter nach London. Wie findest du die Zeit für die ganzen Trips und was sagt dein Chef dazu?

Ganz einfach: Ich nehme sie mir! Und glücklicherweise bin ich mein eigener Chef. Abgesehen von meinem BossBeagle, den einige Leser sicherlich entweder über Facebook oder von dem einen oder anderen Event kennen.
Ist natürlich scherzhaft gemeint, aber Hundebesitzer können das nachvollziehen. Beim Planen eines solchen Trips muss auch die Unterbringung des Hundes miteingeplant werden. Und das ist nicht immer einfach. Daher auch ein großes Danke an jeden, der in solchen Zeiten Nika bei sich aufnimmt.

Gökhan Worlds
Nogi Worldchampionschips, Foto by Gökhan

Wenn du die IBJJF Turniere im Ausland mit den Grappling Turnieren hier in Deutschland vergleichst, wie schneiden wir ab und wo herrscht deiner Meinung nach noch Verbesserungsbedarf?

Am Ende kochen auch die großen Veranstaltungen nur mit Wasser. Natürlich waren die Pan Ams und Worlds super organisiert. Aber spätestens bei den Open Classes kamen auch hier die üblichen Wartezeiten und der Durchblick ging durchaus schon mal verloren. Bei den Pans kamen wir mit über 2 Stunden Verspätung an den Start, als ursprünglich angesagt.
Dennoch habe ich viele Ideen und Verbesserungsmöglichkeiten für meine eigenen Veranstaltungen mitgenommen. Organisatorisch ist das nochmal ein ganz anderes Level zu den hiesigen Veranstaltungen. Hier besteht echt noch Nachholbedarf, aber wir sind auf einem guten Weg.
Rückblickend auf 2014, an was erinnerst du dich gerne und was würdest du lieber schnell wieder vergessen?
Das ist wirklich easy! No Compromises 3 in Bremen an meinem Geburtstag und das Doppel-Gold bei den Pan Ams.
Von allem anderen habe ich gelernt.

Aktuell bist du ja wieder auf deutschem Boden, wie läuft das Training aktuell und was steht bei dir für die nächsten Monate auf deiner sportlichen To-Do List?

Ich hatte einige Wochen Pause und musste eine Verletzung auskurieren. Als nächstes will ich bei den Germany National Pro Jiu Jitsu Championship starten. Außerdem will ich bei den Spartan Races starten und bin schon bei einigen Wettkämpfen im Schießen angemeldet. Hab ja noch einpaar mehr sportliche Interessen, als Grappling.
2 andere Grappling-Turniere habe ich auch schon im Visier, aber da muss jetzt erstmal die Planung her, ob das mit meinen anderen Verpflichtungen realisierbar ist.

Gökhan Pan Ams 2
Die erste Goldmedaille für Gökhan bei den Pan Ams

Zum Abschluss ein paar Quickies
Mister Miyagi oder Cobra Kai?
Mister Miyagi!
Guardpull oder Takedown?
Ich kann bis heute keinen Guardpull!
Pizza oder Pancake?
Cowabunga! Und danach die Pancakes!
Star Wars oder Marvel?
Ich hätte Cookies für Dich da 😉 Du musst nur ja zur dunklen Seite sagen! Ich liebe beides, aber Star Wars doch einen Tick mehr.
Lieblingsbeschäftigung wenn du nicht auf der Matte bist?
Zeit mit meiner Freundin verbringen, mein Beagle, mit Freunden etwas unternehmen, Essen, Kino, Zigarren, irgendwas anderes an Sport

Welche Frage hätten wir Dir noch stellen sollen? Und was ist die Antwort?

Keine Ahnung, aber die Antwort wäre auf jedenfall 42!

Vielen Dank für das Interview, das letzte Wort gehört natürlich dir. 

Danke ebenfalls! Nochmals ein ganz, ganz großes DANKESCHÖN an alle, die mir in der Vorbereitung geholfen haben. Trainern als auch Trainingspartnern oder anderen Helfern und Begleitern. Allen voran Phillip Mahnke, Samuel Sanvicente und Oliver Schmitz!

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