Luta Livre in Deutschland – Fragen und Antworten mit Michael Hockenjos

In Ausgabe 2 von Grapplers Paradise gingen wir den Spuren des Deutschen Luta Livre auf den Grund und befragten dazu ein paar der bekanntesten Trainer Deutschlands. Jetzt, kurz vor dem 09.11.2014, steht einer von diesen Trainer wieder mit seinem Team im Finale der DGL. Die Rede ist vom double Blackbelt Michael Hockenjos, der mit den Stuttgarter Muchachos wieder um den Titel mitkämpft. Genug der langen Worte, hier endlich zum Interview:

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(auf dem Foto vlnr Marius Hockenjos, Michael Hockenjos, Daniel D´Dane, Michael Heubusch, Joe Thumfart)

Wie bist Du zum Luta Livre gekommen?
Luta Livre ist neben Brazilian Jiu Jitsu eine weitere Kampfsportart an der man nicht vorbeikommt, wenn man sich mit dem Phänomen (Zwei)-Kampf auseinandersetzt.

Als einziger 2x Faixa Preta aus Deutschland, wie hat es sich ergeben, dass Du inzwischen 2 Schwarzgurte hast, einen im Luta Livre & einen im BJJ?
Hierzu habe ich eine klare Maxime, ein Schwarzgurtträger ist ein Weißgurtträger, der nie aufgehört hat zu lernen. So ist es auch bei mir. Da es historisch zwei unterschiedliche Kampfsportstile sind, habe ich bei unterschiedlichen Meistern gelernt und eben hierdurch zwei unterschiedliche Ausbildungswege durchlaufen.

Wie groß ist für Dich heute noch der Unterschied zwischen BJJ & Luta Livre?
Das Luta Livre ist die brasilianische Interprätation des Catchwrestling. Seine Wurzeln liegen in Europa und wurden von dort in andere Länder exportiert, ähnlich wie heute Luta Livre den Weg zurück nach Europa findet. Die Kämpfer sind traditionell eher ringerisch angehaucht und tragen keinen Gi. Wobei z.B. auch Einflüsse aus dem BJJ wie z.B. Graduierungen und moralische Prinzipien im Luta Livre heutzutage Anwendung finden.
Brazilian Jiu Jitsu hat die Wurzeln aus der asiatischen Kampfkunst Judo und Jiu Jitsu und wurde durch die brasilianische Familie Gracie zum Brazilian Jiu Jitsu weiterentwickelt. Zunächst als Selbstverteidigung, später immer mehr als sportliche Herausforderung und Lifestyle. Hierbei wird traditionell im Gi trainiert. Abgesehen von den Wurzeln und der Trainingskleidung stehen sich die beiden Disziplinen sehr nahe.
Die beiden Stile haben sich gleichzeitig in Rio de Janeiro um 1900 entwickelt und haben sich seither gegenseitig in ihrer Entwicklung befruchtet. Früher eher aus Konkurrenz – z.B. bei Vale Tudo Kämpfen wo sich oft Lutadores aus den beiden Lagern gegenüberstanden, heute auch aus Kooperation zwischen den Kämpfern, bzw. den Lehrern. Um beste Fortschritte im erlernen und anweden zu erzielen empfehle ich jedem in meiner Schule, auch wenn er das eine bevorzugt, ein Mal in der Woche das andere zu trainieren. Da nicht in jeder Schule Gi und No Gi trainiert wird, sollte man beachten, daß man sich mit dem eigenen Trainer abspricht und nicht einfach noch in einer anderen Schule traineren geht. Das gilt als Illoyal und bringt in meinen Augen nicht den gewünschten Effekt. Viele Meister die ich kenne, lassen ihre Schüler nach Absprache auch in anderen Schulen trainieren, sofern diese Wissen wo sie zu Hause und wo sie Gast sind. Man kann sich auch auf Seminaren fortbilden, die von qualifizierten Lehrern angeboten werden.

Wie war Dein eigener Anfang als Trainer? Wie hast Du Deine ersten Schüler gefunden?
Ich habe als Trainer begonnen, als ich noch selbst einen weißen Gurt trug. Damals hatte noch niemand eine Graduierung im BJJ in Deutschland und ich wurde persönlich beauftragt zu unterrichten. Meine Schüler haben mich gefunden und mich gebeten sie zu unterrichten. Grundsätzlich ist das bis zum heutigen Tage so. Ich unterrichte Kinder, auch in Schulen im Rahmen von Gewaltpräventionsprogrammen und betreibe eine eigene Schule für Luta Livre, Brazilian Jiu Jitsu und Gymnastik. Mit von mir ausgebildeten Trainern konnten weitere Schüler ausgebildet werden und Schulen in Deutschland, der Schweiz und in Österreich eröffnet werden. Insgesamt war und ist dieser Umstand eine andauernde Herausforderung die durch Erfolge wie z.B. auf Turnieren wie Submissao, Int. Deutsche Meisterschaften im Brazilian Jiu Jitsu, der Deutschen Grappling Liga, diversen anderen Turnieren und MMA Events belohnt wurden. Da mein Team und ich auch immer mit absoluten Top Profis zusammenarbeiten, die unsere Trainigsarbeit modifizieren, sind uns auch keine großen Fehler unterlaufen. Wir haben uns durch dieses gegenseitige Coaching einen Qualitätsstandart erarbeitet, der Fehler im Ansatz ausschließt.

Wie kommt es, dass Du im Luta Livre andere Gürtelfarben wie z.B. Grün vergibst?
Ich vergebe die Gürtelfarben nach der etwas vereinfachten Vorgabe des Luta Livre. Der Weißgurt beinhaltet hierbei drei Kategorien. Diese werden durch die Vergabe je eines weißen Streifens gekennzeichnet. Diese entsprechen der klassischen Wertigkeit gelb, orange und grün. Danach vergebe ich den Blaugurt und der Weißgurt wird abgelegt.

Wie hat sich der Sport seit der Anfangszeit entwickelt?
In den Anfangszeiten war es so, daß man für das Luta Livre Training entweder nach Köln oder nach Rio de Janeiro reisen musste. Daniel d´Dane ist die Quelle des Luta Livre in Deutschland. Ich glaube, daß alle Luta Livre Schulen in Deutschland direkt oder indirekt auf Ihn zurückzuführen sind. Heute gibt es bestimmt über 30 Schulen in Deutschland wo Luta Livre trainiert wird. Mittlerweile gibt es einige Schulen in Deutschland in denen ich selbst trainieren gehen würde. Im Gegensatz zu früher ist das Luta Livre auch sehr gut für kleinere und leichtere Leute geeignet. Es hat sich vom Catchwrestling zu einer Kampfkunst entwickelt.

Was ist maßgeblich für die Entwicklung Deiner Schüler?
Training, Training, Training. Zwei bis drei mal pro Woche sollte man auf die Matte um zu trainieren. Wenn man mehr Zeit hat sollte man natürlich mehr investieren. Hat ein Schüler weniger Zeit, so kann er die Übungen die er nicht so gut kann auch zu Hause nacharbeiten und stabilisieren. Ich achte beim Training darauf, dass Kondition und Ausdauer, Techniken und Beweglichkeit sowie Kampfsituationen ausgewogen trainiert werden. Oft trainiere ich nicht was Spass macht, sondern arbeite an Schwächen um diese zu überwinden und zu Stärken zu machen. Eine Sache die ich für wichtig halte um realistisch und effizient zu trainieren, aber nicht jedem schmeckt heutzutage.

Was freut Dich am meisten an der Deutschen Luta Livre Szene?
Insgesamt freue ich mich darüber, dass die unermüdliche Arbeit der Personen Früchte trägt, die Luta Livre pflegen. Mein Luta Livre Meister Daniel D’Dane, Präsident des Luta Livre Weltverbandes der mir persönlich den Lehrauftrag im Luta Livre erteilt hat besuchte kürzlich unsere Schule während seiner Deutschlandtour. Er besuchte glaube ich alle Schulen die mit ihm in Verbindung stehen. Er ist über den hohen Leistungsstand in Deutschland mehr als zufrieden.

Was ist der nächste Schritt für Luta Livre/Grappling, um auf ein neues Level zu kommen?
Ich baue hier weiter auf qualifizierte und kontinuierliche Trainigsarbeit einhergehend mit permanentem nationalen wie auch internationalen Austausch.

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